Wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung mussten sich am Dienstag ein islamischer Religionslehrer und vier seiner Ex-Schüler vor Geschworenen im Wiener Landesgericht verantworten.
Es ging um zwei Whatsapp-Gruppen, die während des Lockdowns für das Home Schooling eingerichtet worden waren.
Allerdings sollen in den Gruppen zwischen April und November 2020 antisemitische und nach Ansicht der Staatsanwaltschaft den Nationalsozialismus verherrlichende Inhalte gepostet worden sein. Eine Gruppe hatte sechs, die andere 14 Mitglieder. So dürften etwa Konterfeis von Adolf Hitler geteilt und mit Bemerkungen wie „Verführerisch“ oder „Kuck Kuck“ versehen worden sein. Dem Lehrer wurde angelastet, diese Beiträge nicht gelöscht zu haben, wodurch er sich nach dem Verbotsgesetz mitschuldig gemacht habe.
Interessantes Detail: Gegen den Lehrer wurde und wird eigentlich ermittelt, weil er laut Ermittlern Anhänger der Muslimbruderschaft sein soll. Im Zuge der Operation Luxor fand bei ihm eine Hausdurchsuchung statt.
Der 58-Jährige (vertreten von Rechtsanwalt Andreas Schweitzer) wies die Vorwürfe zurück und beteuerte seine Schuldlosigkeit. Er sei auch gar nicht der Betreiber der Whatsapp-Gruppen gewesen. Er sei mit den Messenger-Diensten nicht sattelfest, aber man habe damals darauf bestanden, dass der Unterricht online stattfinden müsse. Er habe sich die Chat-Gruppen daher einrichten lassen: „Aber ich habe gesagt, man darf dort nichts posten außerhalb der Religion.“
Manche seiner Schüler hätten diese Regeln gebrochen. Das habe er aber „nicht wahrgenommen“, beteuerte der Pädagoge. Ein bedenklicher Beitrag sei etwa um 23.32 Uhr online gegangen. Da sei er „nicht am Handy gewesen“.
Ein anderes Mal dürfte gegen 20.30 Uhr ein Hitler-Bild aufgetaucht sein. Da sei er gerade in einer Lehrerkonferenz gewesen. Auf die Frage, warum er als Administrator die Beiträge nach der Inbetriebnahme des Handys nicht gelöscht habe, behauptete der Islamlehrer, der derzeit vom Dienst freigestellt ist: „Wenn ich das Handy öffne, schaue ich da nicht nach, was war.“ Und er beteuerte: „Hätte ich das wahrgenommen, hätte ich pädagogisch gehandelt und Maßnahmen durchgeführt. Ich hätte sofort die Schule benachrichtigt.“
Er habe weder mit Hitler noch mit dem Nationalsozialismus etwas zu tun und sei auch kein Antisemit, versicherte der 58-Jährige. Hitler bezeichnete er in als „Verbrecher“. Der interreligiöse Dialog und „das Zusammenleben“ seien ihm stets „sehr wichtig“ gewesen: „Ich bin da offiziell beauftragt vom Bundesministerium.“ In seinem Unterricht erörtere er Politik und „etwas, was problematisch ist“, bewusst nicht.
Muslimbrüder
Hitzig wurde es, als der Staatsanwalt Unterlagen vorlegte, aus denen hervorgehen soll, dass der Religionslehrer auf seinem Handy eine Ausgabe von Hitlers „Mein Kampf“ abgespeichert hatte und Mitglied der Muslimbruderschaft sein soll.
Als der Ankläger dezidiert fragte, ob er denn Mitglied sei, verweigerte der 58-Jährige die Antwort. Verteidiger Schweitzer reagierte empört auf das Vorgehen des Staatsanwalts. Die Muslimbruderschaft habe nichts mit dem gegenständlichen Verbotsgesetz-Verfahren zu tun.
„Eine Blödheit“
Auch die mitangeklagten Ex-Schüler (drei Männer, eine Frau) bekannten sich „nicht schuldig“. Sie behaupteten, sie hätten die Hitler-Bilder ironisch gepostet, um sich über ihn lustig zu machen, bzw. „eine Blödheit, eine Dummheit“ begangen, wie einer von ihnen sagte. Außerdem habe er nicht geahnt, dass das Verschicken eines Bildes, das Hitler mit ausgestrecktem rechtem Arm zeige, strafrechtlich bedenklich sei.
Diese Antwort brachte den beisitzenden Richter Christoph Bauer auf die Palme: „Sie sind in Österreich geboren. Haben die HAK-Matura. Da wollen’S mir erzählen, dass Sie nicht wissen, was der Hitler-Gruß ist?“
Nach langer Beratung werden die Angeklagten freigesprochen; nicht rechtskräftig.
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